atelierbesuch

Atelierbesuch Beton-en

Erster Aufzug: Anreise

Die kurzen Blicke auf den aufpeitschenden See lassen nichts Gutes erahnen. Der herrliche Spätherbsttag verwandelt sich innerhalb dreier Tunnel in eine trotzige und garstige Szenerie, welche den Winter ankündigt. Die lange Dunkelheit im Zugabteil lässt einem genügend Zeit, die Eindrücke der wenigen, offenen Streckenabschnitte in sich aufzusaugen und zu verarbeiten.

Atelierbesuch Beton-en

Wo im Spätmittelalter junge Männer gegen wenig Entgelt ihr Leben fremden Heeren übertrugen, befindet sich heute, unten im Haus, das Atelier von Christoph Arnold. Sein Label «beton-en» widmet sich ganz der Neuinterpretation des Werkstoffes Beton.

Und noch mehr. Unweit von hier befreit sich Tell von seinen Widersachern. Die nun meterhohen Wellen lassen ihn mit einem kräftigen Sprung das Weite suchen – nicht aber ohne zuvor das Boot mit dem verhassten Landvogt Gessler zurück in den stürmischen Urnersee zu stossen. Es ist der Auftakt zur Wende in Schillers Werk. Von Weitem lässt sich durch das nun eingesetzte leichte Schneegestöber, ein sich ständig wieder aufblinkendes, warmes Licht erkennen. Es ist die Sturmwarnung auf der gegenüberliegenden Seite des Sees, in Isleten. Sie und die wenigen mutigen Windsurfer kündigen die wiederkehrende Realität an. Der Zugschaffner kündigt den nächsten Halt an: «Flüelen».

Atelierbesuch Beton-en

In Altdorf schneit es bereits fingerkuppengrosse Schneeflocken aus den tiefliegenden, watteähnlichen Wolken. Eine erste Schicht aus Zucker hat sich über den Urner Hauptort gelegt. Die mächtigen Berge aus Granit und Gneis, welche den Talkessel umgeben, lassen sich nur erahnen – Gitschen, Bristen und wie sie alle heissen. Es ist Sonntag. Die wenigen Personen, welche sich dem kalten Gemisch aus Wind und Flocken entgegenstellend, durch den Schnee stapfen, tun dies mit einer gewissen Genugtuung. Sie grüssen freundlich.

Atelierbesuch Beton-en

Eine Allee aus einer Betonmauer zur Rechten und einem schneebedeckten Gestrüpp zur Linken bildet die Zufahrt zu einem prächtigen Herrenhaus. Es ist das Crivellihaus in der Herrengasse, dem nördlichen Dorfeingang zu Altdorf. Der wuchtige Steinbogen und die darunterliegende, detailliert verzierte Eingangstüre aus Eichenholz, lassen einen die Geschichtsträchtigkeit dieses Ortes erahnen. Das Bürgerhaus diente früher einer wohlhabenden Magistratenfamilie als Verwaltungssitz für die sogenannte Reisläuferei. Ganze Heerscharen unerschrockener Eidgenossen dienten dabei im Kriegsdienst spanischen, neapolitanischen und französischen Herrschern. Hier im Crivellihaus liessen sie sich der jeweiligen Seite zuteilen, um sich Tage später auf den europäischen Schlachtfeldern die Köpfe – oder wie die Urner zu Pflegen sagen, die «Grinden» – einzuschlagen. Brüder, die Brüdern für den versprochenen Sold blutig das Leben rauben.

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Zweiter Aufzug   Eintritt
Dritter Aufzug   Abschied